evolve dialogkonferenz

Mensch sein in einer neuen Daten-Welt

Heiligenfeld Kooperationspartner der Dialogkonferenz in Berlin
Vom 31.01.20 bis 02.02.2020 hat die Dialogkonferenz „In Zeiten digitaler Vereinnahmung Mensch sein in einer neuen Daten-Welt“ auf dem GLS Campus im Stadtteil Prenzlauer Berg in Berlin stattgefunden. Veranstalter waren das Evolve-Magazin in Kooperation mit der Akademie Heiligenfeld. Mehr als 120 Personen tauschten sich in kreativen Dialogformaten aus, wie Humanismus und Digitalisierung zukünftig zusammengebracht und durch eine bewusste Dialogkultur das Menschsein gelebt werden kann.

Eröffnet wurde die Konferenz durch die Grußworte von Sven Steffes-Holländer, Chefarzt der Heiligenfeld Kliniken in Berlin. Als Vertreter der Unternehmensgruppe Heiligenfeld zeigte er die besondere Verbindung mit dem Veranstalter auf. „Unsere Unternehmenskultur basiert auf den grundlegenden Werten und Zielen einer lebendigen Organisation, die sich gerade im Umgang miteinander, der Gestaltung der Beziehungen und der Abläufe ausdrücken“. Er verwies auf die gute Zusammenarbeit mit der Akademie Heiligenfeld und wünschte einen guten Verlauf der Veranstaltung.

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Wem gehört die Zukunft?
Dieser Frage gingen die Teilnehmer nach einem Impulsvortrag von Dr. Thomas Steininger, Philosoph und Herausgeber des Evolve Magazins nach. „Die Digitalisierung ist eine Herausforderung, die uns so noch nicht begegnet ist“, sagte er zu Beginn seines Vortrages und verglich den Wandel mit dem Buchdruck, als der Prediger nicht nur das gesprochene Wort hatte, sondern eine Vervielfältigung in schriftlicher Form möglich war. Die Digitalisierung bietet dabei sowohl Chancen als auch Risiken für die Menschheit. Es geht um mehr als eine Gegenbewegung zur digitalen Vereinnahmung, sondern um einen Aufbruch, um die Digitalisierung durch seelische Tiefe und kritische Reflektion zu gestalten. Es geht um das Mensch sein in einer neuen Daten-Welt. Er wünschte sich für die Konferenz co-kreative Nachdenkprozesse auszulösen wie zum Beispiel über die menschliche Urteilskraft, den Umgang mit den sozialen Medien und Medienmächten, sowie der Algorithmierung der Wirklichkeit und regte einen Diskurs zu unseren humanistischen Werten an.

Die anschließenden Kleingruppen widmeten sich der Frage: „Was ist der Unterschied zwischen lebendigem Bewusstsein und künstlicher Intelligenz (KI) und wie könnte ein lebendiges Bewusstsein auf KI reagieren?“ Dieses Dialog-Format entfaltete seine Lebendigkeit im aktiven Mitwirken aller Teilnehmenden. Erfahrene Dialogbegleiter, überwiegend Leitende der in ganz Deutschland stattfindenden evolve-Salons, unterstützten, um gemeinsam mit allen Teilnehmenden die Themen tiefer zu erforschen. Es folgte ein Aufstellungsprozess zum Thema „Wie verändert sich dein Menschsein durch die digitale Entwicklung?“, geführt von den Künstlern Stefan Krüskemper und Kerstin Polzin. Die beiden leiten integrative Kunstprojekte zu gesellschaftlichen Fragen der Partizipation und Kollaboration.

Neben den Kraftquellen Beziehung, Ethik und Ökonomie wurden die zuvor von den Teilnehmern eingereichten Begriffe Vernetzung, Einsamkeit, Atemlosigkeit/Gefühllosigkeit, Leere und Verletzlichkeit aufgestellt und zeigten dann zusammen mit der Weisheit, wie diese mit den Kraftquellen agieren. Mit einem Fishbowl, einer Methode für die Diskussion in großen Gruppen, wurden sowohl die Erkenntnisse aus der Aufstellungsarbeit als auch die verschiedenen Arbeitsergebnisse der Gruppen aufgezeigt und integriert.

Umgang mit der Datenwelt
Am Samstag begann der Konferenztag mit einem Impuls zum Thema „Umfassende Kontrolle: Eine Kritik des Transhumanismus“. Janina Loh zeigte im Dialog mit dem leitenden evolve Redakteur Mike Kauschke auf, dass das mechanisierte Menschenbild den Menschen als sehr komplexe Maschine versteht, einer Ansammlung von Dateninformationen, deren Code dann geknackt zu Macht verhilft. Als Beispiel für den alltäglichen Gebrauch nannte die Philosophin die Self-Tracking-Bewegung, wie Schrittzähler und Schlafmesser, die zur Selbsterkenntnis durch Zahlen führen soll.

Unser Schulsystem war dabei der Vorreiter, die Menschen wurden schon immer nach Leistung in Form von Noten und der Art der Schule bewertet und daraufhin deren zukünftige Einstufung in die Gesellschaft vorgenommen. Facebook und Amazon nehmen durch den digitalen Fußabdruck, den jeder im Internet hinterlässt, durch Algorithmen Empfehlungen vor und zeigen dabei auf, „was jemand ist“. „Wer jemand ist?“ lässt sich nach wie vor nur im direkten Umgang mit den Menschen erkennen und somit können Maschinen keine Kontrolle über den Menschen erlangen.

Die Expertin für digitale Transformation sowie Trans- und Posthumanismus appellierte jedoch für einen bewussten Umgang mit der Technik, denn die Technik ist nicht neutral, hinter ihr stehen kapitalistische Werte des Herstellers. Gleichzeitig sollten wir „Denken ohne Geländer“, das heißt mutig sein und Entscheidungen treffen, auch wenn wir keine Ahnung haben. Diese Spannung, also „staying with the trouble“ auszuhalten und zu genießen, empfahl sie den Teilnehmern. Es muss nicht alles belegbar, bewertbar und reguliert sein, denn gerade im Zwischenraum der Ahnungslosigkeit entstehen Kreativität und neue Ideen. In anschließenden Kleingruppen wendeten sich die Teilnehmer der Frage nach der Entwicklung der eigenen Urteilskraft zu und im dialogischen Format des Fishbowl wurden die Ergebnisse zusammengefasst.

Was Maschinen nicht können
Ein weiterer Impuls an diesem Tag war „Was Maschinen nicht können: Für einen neuen Humanismus“ von Roland Benedikter im Dialog mit evolve Herausgeber Thomas Steininger. Roland Benedikter ist Politikwissenschaftler und Soziologe sowie Autor zu Zukunfts- und Technologietrends. Er gehört dem Zukunftskreis der deutschen Bundesregierung an. Benedikter sagte, dass die Menschen sich immer mehr den Maschinen annähern und es von der Mensch-Maschinen-Interaktion zur Mensch-Maschinen-Verschmelzung kommt. Dem gegenüber steht der Humanismus, der dem Menschen besondere Fähigkeiten zuspricht wie Liebe und Dankbarkeit. Transhumanismus sieht er als zwingend notwendig, da wir sonst evolutionär in eine Sackgasse laufen.

Wenn Google bis 2050 die menschliche Unsterblichkeit erreichen möchte, sind wir gefordert, die geistige Haltung unseres Menschseins weiter zu entwickeln. Die Anwesenheit, Innigkeit, Einbildungskraft und Zeuge sein, können immer ein Beweis von Menschlichkeit gegenüber einem Roboter sein. Wir alle können etwas tun und dennoch sollte man es nicht dem einzelnen überlassen, denn das führt zur Überforderung, sagte Benedikter. Wir brauchen eine neue Mitte in der Politik, welche die Humanisierung neu belebt, ergänzte er sein Abschlussplädoyer. In anschließenden Kleingruppen wurde das Thema diskutiert und die Ergebnisse zusammengeführt.

Wo bleibt das Leben
Am Sonntag stellten sich die Teilnehmer die Frage „Wo bleibt das Leben? Das Virtuelle und die Wirklichkeit“. Hierzu gaben Anna Mauersberger und Andreas Weber im Dialog mit evolve Redakteurin Dr. Nadja Rosmann einen Impuls. Anna Mauersberger ist Digital-Pionierin, Gründerin der Organisation HeartWire und Initiatorin des Innovation Hub „360° of Empathy“. Andreas Weber ist Philosoph und gilt als Vorreiter neuer Kulturen der Lebendigkeit. Der Schwerpunkt in diesem gemeinsamen Talk war der Diskurs um lebendige Beziehungen. Gemäß dem Grundsatz „Ich werde dadurch zu mir, dass ich euch die Möglichkeit gebe, zu euch zu werden“, ist jeder gefragt zu handeln, hat aber auch Handlungsspielraum, um lebendige Beziehungen zu ermöglichen und zu gestalten.

Wir sollten dabei das Licht auf den Kosmos werfen, um ein lebendiger Teil einer ganzheitlichen Wirklichkeit zu werden, sagte Andreas Weber. Damit verbunden ist für Weber auch die Vision eines alternativen Wirtschaftens, wie er in seinem neuen Buch schrieb, was ein „Zusammenleben in Gegenseitigkeit“ bedeuten könnte, eine Ökonomie der Commons, wie die Allmende-Wirtschaft oder die Gemeinwohlökonomie. Dabei steht unsere Lebensweise oft im Widerspruch zur Erfahrung der eigenen Lebendigkeit und kappt unsere Verbindung zur Natur. Er und auch Anna Mauersberger plädierten für die Aufnahme der Herzensbildung im Bildungssystem, um die Trennung von Kultur und Natur zu überwinden. „Denn die Zeit des Komfortablen ist vorbei und wir können volles Risiko eingehen. Wir sollten uns mehr einmischen und das in Verbundenheit“, war das Resümee dieses Impulses. Im anschließenden Dialog hatten die Teilnehmer wieder die Möglichkeit, das Thema zu vertiefen und im Fishbowl zu diskutieren.

Die Dialog-Konferenz wurde zudem durch bewusst gestaltete Übergänge von Annette Loy bereichert. Als leitende Führungskraft eines sozialen Bildungsträgers arbeitet sie mit der Kraft ritueller Wirklichkeiten, beispielsweise an der Schwelle zwischen Jugend und Erwachsensein oder im digitalen Raum als globales Onlineprojekt bei „One World Bearing Witness”. Beides brachte sie an der Konferenz ein und moderierte die gesamte Veranstaltung. Ebenso brachte Maegan Melissa Gorbett die Teilnehmer in Bewegung durch Embodied Movement Integration und die die Veranstaltung wurde durch die Ausstellung der Akademie Heiligenfeld, des Zentrums für spirituelle Wege Benediktushof Holzkirchen, dem Integralen Forum und evolve bereichert.

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