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Bindungstrauma bei hochsensiblen Menschen

Die Bedeutung von Bindung für hochsensible Menschen

Bindung ist das Fundament jedes menschlichen Miteinanders. Sie bestimmt, wie wir Vertrauen, Nähe und Sicherheit erleben. Doch was geschieht, wenn dieses Fundament Risse hat?
Wenn Kinder keine verlässliche emotionale Zuwendung erfahren, entsteht ein Bindungstrauma – eine tiefe Prägung, die unser Beziehungsverhalten als Erwachsene stark beeinflusst.

In ihrem Vortrag „Hochsensibilität und Beziehung – die transformative Kraft der Bindung“ zeigte Kerstin Hamme-Hategekimana, Psychologin und Kreativtherapeutin in den Heiligenfeld Kliniken, wie frühe Bindungserfahrungen – oder deren Fehlen – die seelische Gesundheit hochsensibler Menschen prägen können.

Seit 2011 begleitet sie in Heiligenfeld und in ihrer Praxis in Heidelberg Menschen auf ihrem Weg zu mehr Achtsamkeit, innerer Sicherheit und Beziehungsfähigkeit. Ihr therapeutischer Ansatz verbindet systemische Therapie, Körperarbeit, Traumatherapie und kreative Methoden.

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Was ist ein Bindungstrauma?

Ein Bindungstrauma entsteht, wenn ein Kind wiederholt Erfahrungen von Unsicherheit, emotionaler Kälte oder fehlender Resonanz macht.
Körperliche oder emotionale Vernachlässigung, Trennung von Bezugspersonen oder instabile Betreuungssituationen führen dazu, dass das kindliche Nervensystem in ständiger Alarmbereitschaft bleibt.

 

Langfristig zeigen sich diese Prägungen in Form von emotionaler Instabilität, Verlustangst, Schwierigkeiten mit Nähe und Distanz, Selbstwertproblemen oder chronischem Stress.
Gerade hochsensible Menschen spüren solche Dysbalancen besonders intensiv – sie nehmen disharmonische Signale schneller wahr und reagieren empfindlicher auf Verletzungen.

Hochsensibilität als Ressource

Hochsensible Menschen empfinden oft tiefer, denken reflektierter und nehmen die feinen Zwischentöne menschlicher Beziehungen stärker wahr. Diese Fähigkeit kann zu einer großen Belastung werden – aber auch zu einer Quelle von Bewusstheit und Wachstum.
Denn wer feinfühlig wahrnimmt, kann auch heilend bewusst erleben.

Kerstin Hamme-Hategekimana machte deutlich: Hochsensibilität ist keine Schwäche, sondern eine Einladung, Bindung auf einer tieferen Ebene zu verstehen – und bewusst zu gestalten.

Der Weg der Heilung: Beziehung als Transformationskraft

Heilung von Bindungstrauma geschieht nicht durch Analyse allein, sondern durch verkörperte Erfahrung.

„Heilung bedeutet, das zu erfahren, was damals hätte geschenkt werden sollen.“
– Kerstin Hamme-Hategekimana

Das Herzstück dieses Prozesses nennt sie „relational repair“ – die Wiederherstellung sicherer Beziehungserfahrungen.
Wenn Menschen spüren, dass sie gesehen, gehalten und verstanden werden, kann das Nervensystem lernen, sich zu beruhigen. Neue Muster von Vertrauen, Nähe und Selbstmitgefühl entstehen.

Ein Paar steht Hand in Hand am Strand, blickt gemeinsam auf das weite Meer hinaus. Sie sind von der Ruhe des Wassers und dem sanften Rauschen der Wellen umgeben, ein Symbol für tiefe Kommunikation und starke Verbindung in ihrer Beziehung. Die harmonische Szene spiegelt das gegenseitige Verständnis und die Unterstützung wider, die sie füreinander empfinden, während sie gemeinsam in die Zukunft schauen. Dieser Moment der Stille und Einheit am Meer unterstreicht die Bedeutung von nonverbaler Kommunikation und der emotionalen Bindung, die das Fundament jeder starken Beziehung bildet.
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Wege zur Selbstheilung und Regulation

Im Vortrag stellte Hamme-Hategekimana zentrale Heilungswege vor, die Körper, Psyche und Beziehung miteinander verbinden:

  • Selbstmitgefühl: Nach Jack Kornfield ist Mitgefühl die natürliche Haltung des Herzens. Selbstmitgefühl bedeutet, sich selbst mit Güte und Verständnis zu begegnen.
  • Reparenting (Innere-Kind-Arbeit): Über „Self-Mothering“ (nährend, intuitiv, mitfühlend) und „Self-Fathering“ (beschützend, grenzsetzend) lernen wir, uns selbst sichere innere Eltern zu werden.
  • Körperarbeit und Achtsamkeit: Der Körper ist der Schlüssel zur Heilung. Durch bewusste Wahrnehmung, Bewegung und Atemregulation kann Sicherheit neu erfahren werden.
  • Co-Regulation: In Verbindung mit sicheren Menschen erlebt unser Nervensystem Resonanz – ein korrigierendes Beziehungserlebnis, das Vertrauen stärkt.

Vertrauen ins Leben und in sich selbst

Ein zentrales Ziel der Heilungsarbeit ist die Rückkehr in ein Gefühl von innerer Sicherheit und Lebensvertrauen.
Dazu gehören verlässliche Rhythmen, das Gefühl von Zugehörigkeit und das Erleben von Sinn und Verbundenheit.

Wenn Menschen lernen, sich selbst zu beruhigen, liebevoll zu halten und in Beziehung präsent zu bleiben, entsteht eine neue Form der Lebendigkeit.
Heilung wird so zu einer Verkörperung von Vertrauen – in sich, in andere und ins Leben.

Einladung zur Reflexion

Zum Abschluss lud Kerstin Hamme-Hategekimana die Teilnehmenden ein, sich selbst einige Fragen zu stellen:

  • Wie erlebe ich Bindung in meinem Leben?
  • Welche Muster behindern meine Fähigkeit, Nähe zuzulassen?
  • Welche Schritte könnte ich gehen, um Vertrauen, Selbstsicherheit und Beziehungsfähigkeit zu stärken?

Diese Fragen öffnen einen Raum der Selbsterkenntnis – und damit den ersten Schritt zur Heilung.

Referentin

Kerstin Hamme-Hategekimana – Psychologin, Kreativtherapeutin, Systemische Therapeutin (HSI), tätig in den Heiligenfeld Kliniken und freiberuflich in Heidelberg.

Autorin

Anita Schmitt –  Leiterin der Akademie Heiligenfeld und selbständig tätig als Seminarleiterin, Dozentin in der Erwachsenenbildung, Kreativtherapie Praktikerin, Live-Online-Trainerin in Bad Kissingen

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